- Martin
- 2. März 2024
- PK15217
Schon mal einen Lavendel falsch geschnitten? Alles gut, es ist jedem schon mal passiert! Denn in manchen Punkten lässt Lavendel einfach nicht mit sich reden. Außerdem findet man im Internet eine Menge widersprüchlicher Tipps, die fatale Folgen vorprogrammieren. In diesem Beitrag habe ich meine Erfahrungen aus (gewollten und ungewollten) Experimenten zusammengefasst. Lavendel richtig schneiden ist nicht schwierig, wenn man die wichtigen Dinge beachtet.
Inhalt
Zusammenfassung
Basics des Lavendelschnitts
- Lavendel zu schneiden ist sinnvoll.
- Das Prinzip: Im Frühjahr schneidet man stark, im Spätsommer nur wenig (oder gar nicht).
- Das Entfernen von Verblühtem ist eigentlich kein “Schnitt”.
Was nicht stimmt!
Hast du diese Aussagen schon mal gehört? Bitte sofort wieder vergessen!!
- Lavendel muss man sofort nach der Blüte kräftig schneiden, sonst bleibt ihm keine Zeit zum Wachsen
- Lavendel schneidet man vor dem Winter, damit er die Schneelast besser verträgt
- Die Blütenbildung wird durch einen kräftigen Schnitt nach der 1. Blüte gefördert
- Schnitt ist ausschlaggebend für die Winterhärte
- Alte Blüten müssen weggeschnitten werden, weil sie der Pflanze “Kraft” kosten
- Lavendel darf erst nach dem letzten Frost geschnitten werden
Was du hier noch erfährst
- 3 verschiedene Schnitt-Typen und Zeiten
- Wozu sie gut sind und ob sie geeignet sind.
- Wie dir die Pflanze zeigt, ob und wie geschnitten werden kann.
- Wie man auch ins ältere Holz schneiden kann.
- Was für die Gesundheit von Lavendel wichtiger ist als Schnitt.
Warum sollte Lavendel geschnitten werden?
Regelmäßig geschnittener Lavendel ist wüchsiger, langlebiger und blütenreicher als ungeschnittener. Ohne Schnitt werden Lavendelsträucher recht groß (1 Meter Durchmesser oder mehr) und ihre Triebe an der Basis fest und holzig. Bei großen und alten Exemplare sind oft nur mehr die Triebspitzen weich und belaubt. Im Inneren sind die Pflanzen völlig kahl. Das ist grundsätzlich völlig normal und an sich kein Grund zur Besorgnis.
Solche alten Lavendel-Exemplare können malerisch-knorrig und romantisch aussehen. Somit ist der Schnitt kein unbedingtes Muss, aber eine sinnvolle Maßnahme, um die Vitalität der Pflanze nachhaltig zu sichern. Wer dem Lavendel genug Platz bieten kann und möglichst wenig in die natürlichen Abläufe eingreifen möchte, kann auf den Schnitt komplett oder teilweise verzichten.
Man kann also durchaus einen Lavendel seiner Natur überlassen und ihn einfach gegen eine neue Pflanze austauschen, wenn er das Ende seines Lebenszyklus erreicht hat. Man sollte andererseits bedenken, dass ein alter, verholzter Lavendel einen starken Rückschnitt nur mehr mit gewissem Risiko verträgt. Ein einmaliger, radikaler Schnitt ins Holz führt meist dazu, dass der Lavendel nicht mehr austreibt und abstirbt. Es ist also nur bedingt möglich, versäumte Schnittmaßnahmen später “nachzuholen”. “Vergreiste” Pflanzen können zwar “verjüngt” werden, aber dies muss allmählich über ein paar Jahre hinweg erfolgen.
Meine Empfehlung ist, Lavendel zumindest ein bisschen zu schneiden, sodass er seine Wuchskraft und Vitalität länger behält. Dagegen ist regelmäßig starker Schnitt die passende Maßnahme, wenn der Lavendel auf Dauer sehr kompakt und klein bleiben soll.
Wie schneidet man Lavendel?
Es ist Geschmacksache, ob eine Gartenschere oder eine Heckenschere verwendet wird. Mit Heckenscheren ist man freilich viel schneller, aber für kleinere Lavendel sind sie zu groß und unhandlich. Sie sollte außerdem scharf sein, um an den Trieben Quetschen und Reißen zu vermeiden. Ich schneide am liebsten mit einer Gartenschere, weil ich so exakt und gezielter als mit einer Heckenschere arbeiten kann. Damit es trotzdem schnell geht, nehme ich büschelweise 5-10 Triebe zugleich (s. Bild).
Wir haben schon gesehen, dass der richtige Schnitt-Typ untrennbar vom Schnitt-Zeitpunkt abhängt. Fassen wir die 3 Schnitt-Typen nochmals zusammen:
- der Frühlingsschnitt: starker Rückschnitt
- der Frühsommer-“Schnitt”: kein echter Schnitt, nur Verblühtes entfernen
- der Spätsommer-Schnitt: sanfter Rückschnitt
Der Frühsommer-"Schnitt" (sofort nach der 1. Blüte)
Beginnen wir den Jahreszyklus eines Lavendels im Sommer: Es ist Juni-Juli und dein Lavendel ist soeben verblüht. Die Aufgabe ist jetzt ganz einfach: das Wegschneiden der Blütenstiele – nicht mehr und nicht weniger!
Ganz wichtig ist: Starken Schnitt tiefer in die Pflanze hinein solltest du nach der Blüte unbedingt vermeiden! Das könnte den Strauch sogar zum Absterben bringen! In den Wochen nach der Blüte braucht Lavendel keinen Schnitt und verträgt ihn auch nur schlecht! Er wächst in dieser Zeit fast gar nicht und kann sich darum kaum regenerieren.
In warmen Regionen mit einem langen Herbst schadet jetzt ein sanfter Formschnitt nicht, verzögert aber die 2. Blüte ein wenig. In Regionen mit frühen Wintern bleibt für die 2. Blüte ohnehin meist zu wenig Zeit. Da ist es wichtiger, dass der Lavendel in Ruhe gelassen wird.
Ist dieser Schnitt also notwendig? Nein, die Pflanze profitiert nicht davon. Eine mögliche 2. Blüte würde aber durch die abgeblüten Stiele nicht so gut wirken. Wem diese trockenen Blütenstände gefallen, der kann sie aber problemlos an der Pflanze belassen.
Erntet man schon Anfang Juni die noch frischen Blüten wegen ihres Dufts, so steigen die Chancen auf eine 2. Blüte – in warmen Regionen sogar schon im August.
Der Spätsommer-Schnitt (Mitte August)
Der Spätsommer-Schnitt ist für die Langlebigkeit von Lavendel nicht grundsätzlich notwendig. Dieser Schnitt ist aber nützlich, um ältere Exemplare allmählich wieder in Form zu bringen oder um welche besonders kompakt zu halten.
Möchte man sehr alte Lavendel verjüngen, so muss der Spätsommer-Schnitt einige Jahre hintereinander wiederholt werden. Starker, radikaler Schnitt im Spätsommer kann zwar klappen, ist aber ziemlich riskant. Darum lieber diese Empfehlungen beachten und öfter wiederholten!
Wir sagten bereits, dass Lavendel nach der Blüte ein paar Wochen “ruht” und nur wenig wächst. Erst ab August zeigt sich wieder neues Wachstum. Sogar in der holzigen Tiefe des Sträuchleins könnten nun frische Blätter sprießen (s. Bildvergleich links). Wie gut ein Lavendel das kann, ist von der Wuchskraft der jeweiligen Sorte abhängig.
Sobald sich dieser frische Wuchs zeigt, kann geschnitten werden. Der vorsichtige Gärtner schneidet vielleicht nur 5 cm weg. Ein anderer entfernt bis zu 20 cm an einem großen Exemplar. Ich empfehle dir, dich von der Pflanze leiten zu lassen: dort, wo an den holzigen Trieben frisches Grün sprießt, dort schneidest du. Setze den Schnitt aber immer so an, sodass frischer Austrieb am Zweig verbleibt!
Wenn du in einer kalten Region gärtnerst und deine Lavendel erst gegen August die Blüte beenden, dann solltest du auf den Spätsommer-Schnitt komplett verzichten. Ein bisschen Formschnitt der Spitzen gleich nach der Blüte darf es aber sein.
Der Schnitt im Frühling (April)
Im Frühling verträgt Lavendel Schnittmaßnahmen am besten, weil die Hauptwachstumszeit bevorsteht. Der Zeitraum für den Schnitt ist Ende März bis Mitte April, in kühleren Regionen jedoch allerspätestens Anfang Mai, wenn keine stärkeren Fröste mehr zu erwarten sind. Am einfachsten ist es, die Pflanze zu beobachten: zeigt sich frischer Wuchs, kann geschnitten werden. Lavendel ist nach dem Frühlingsschnitt nicht empfindlicher gegen Spätfröste!
Im Frühling kann nun auch tiefer ins Holz geschnitten werden. Jüngere Pflanzen kann man sogar auf 10 cm hinunterschneiden und die Pflanzen treiben trotzdem wieder kräftig durch. Schon stärker verholzte Exemplare sollte man so einer Radikalkur nicht unterziehen. Im Beispiel auf den Bildern war schon junger Austrieb aus der (holzigen!) Mitte der Pflanze sichtbar. Alle längeren Triebe, die darüber hinausragten, wurden zurückgeschnitten.
Muss man überhaupt so radikal schneiden? Nein. Als Daumenregel gilt: Rückschnitt auf die Hälfte der Pflanzenhöhe ist ausreichend. Stärkerer Rückschnitt (auf 1/3) sollte für jüngere oder regelmäßig geschnittene Lavendel auch kein Problem darstellen.
Darf man alle Exemplare so stark schneiden? Nein. Mit großen, stark verholzten Pflanzen sollte man vorsichtig umgehen. Außerdem empfehle ich für solche, den behutsamen Spätsommer-Schnitt (siehe oben) mehrere Jahre hintereinander zu wiederholen.
Wann schneidet man Lavendel? Die Schnittzeiten in der Übersicht.
In Regionen mit langen, warmen Sommern sind 3 verschiedene Schnitttermine möglich. In kühlen Regionen fällt der Spätsommer-Schnitt meist aus. Das Schnitt-Schema hängt also sehr vom Klima ab.
Schnittkalender für warmes Klima (Weinbauklima oder geschütztes Mikroklima)
Frühlingsschnitt
- Der wichtigste Schnitt!
- Was: alle Zweige um gut die Hälfte zurückschneiden
- Wann: Anfang April bzw. auch etwas früher oder später, je nach Klima. Im Zweifel wartet man auf den frischen Austrieb.
Frühsommer-"Schnitt"
- Sinvoll, aber nicht notwendig
- Was: Nur Abgeblühtes entfernen, Triebe nicht schneiden
- Wann: sofort nach der 1. Blüte (Ende Juni – Anfang Juli)
Spätsommer-Schnitt
- Empfehlenswert, aber nicht notwendig und in kaltem Klima riskant
- Was: Zweige so tief schneiden, dass frischer Austrieb nicht weggeschnitten wird.
- Wann: Etwa ab Ende August bzw. wenn frisches Wachstum zu sehen ist.
Schnittkalender in kühlem Klima (Bergklima, Regionen mit langen Wintern)
Frühlingsschnitt
- Der wichtigste Lavendel-Schnitt!
- Was: alle Zweige um gut die Hälfte zurückschneiden
- Wann: Ab Ende April bzw. auch etwas früher oder später, je nach Klima. Im Zweifel wartet man auf die ersten Anzeichen von frischem Wuchs.
Frühsommer-Schnitt
- Sinvoll, aber nicht notwendig
- Was: Abgeblühtes entfernen, Triebspitzen nicht schneiden
- Wann: sofort nach der 1. Blüte (Ende Juni – Anfang Juli)
Mythen rund ums Lavendel-Schneiden
Lavendel darf niemals ins Holz geschnitten werden.
Lavendel kann sehr gut aus dem alten Holz austreiben – wenn man schrittweise vorgeht. Bitte keine Schock-Therapie! Und niemals direkt nach der Blüte tief schneiden!
Man muss auch unterscheiden, wie alt das Holz ist. 2-3-jährige, verholzte Zweige treiben nach dem Frühjahrsschnitt gut aus. Ältere Zweige sind schon stärker verholzt. Auch sie sind noch zu jungem Austrieb in der Lage, aber man muss vorsichtig vorgehen und den Schnitt mehrmals wiederholen. Wer sich unsicher ist, schneidet einfach ganz wenig, oder wendet einige Jahre hintereinander den Spätsommer-Schnitt an (s. oben).
Lavendel muss sofort nach der Blüte geschnitten werden.
Genau genommen entfernt man nach der Blüte nur die Blütenstiele, ohne die eigentlichen Zweige zu schneiden. Notwendig ist dieser Schnitt nicht, sinnvoll aber schon (s. oben Punkt 5). Mehr als ein oberflächlicher Formschnitt ist unmittelbar nach der Blüte sogar schädlich. Man kann getrost sagen, dass das gar kein richtiger Schnitt ist.
Zwergsorten bleiben Zwerge - auch ohne Schnitt
Zwergsorten wachsen langsamer und bleiben im Vergleich tatsächlich etwas kleiner, kompakter und formschöner. Auch die kürzeren Blütenstiele tragen zum Gesamteindruck bei. Trotzdem empfiehlt sich regelmäßiger Frühlingsschnitt. Denn auch die Zwergsorten werden ohne Schnitt früher oder später groß.
Lavendel darf keinesfalls verholzen - das ist schlecht für ihn.
Lavendel verholzt immer! Das ist ganz normal und kein Grund zur Besorgnis. An der Basis in der Nähe der Erde wird jeder Lavendel sehr bald verholzen und kurze “Stämmchen” oder Ästchen bilden. Sinn des regelmäßigen Schnitts ist es, das nach oben hin fortschreitende Verholzen zu verlangsamen. Aber selbst eine bis an die Triebspitzen verholzte Pflanze kann noch viele Jahre leben und blühen. Sie braucht aber viel Platz und rundherum viel Licht, um zur Geltung zu kommen. An der richtigen Stelle kann ein großer, alter Lavendel beeindruckend schön aussehen!
Später Schnitt ist immer schlecht
Nein, nicht grundsätzlich, aber bei Schnitt im Spätsommer ab Mitte August sollte man Vorsicht walten lassen und nicht in solches Holz schneiden, das keinen Austrieb zeigt. Sehr später Schnitt (ab Mitte September) ist fast immer schlecht für die Pflanze!
Ältere Lavendelbüsche "fallen auseinander"
Der Grund für diesen Formverlust ist nicht so sehr die Größe oder das Alter des Buschs, sondern ein zu nährstoffreicher Boden und/oder ein dunkler Standort. Lavendel mögen karge, steinige Böden fast ohne Nährstoffe in der vollen, sengenden Sonne! Zwar wächst Lavendel auch im gut gedüngten Rosengarten, aber nur auf dem richtigen Standort ist er langlebig und stabil – sogar ohne regelmäßigen Schnitt!
Nach dem Frühjahrschnitt, darf es nicht mehr frieren
Grundsätzlich ist das nicht richtig. Ein paar Minusgrade schaden der Pflanze nicht – ob geschnitten oder ungeschnitten. Sollte es im April plötzlich -8° C haben, dann wäre das freilich nicht gut – geschnitten oder ungeschnitten.